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Kapitel 2

Gefriertrocknung

2.1 Anwendungsbereiche und Zielsetzungen der Lyophilisation

Die Gefriertrocknung ist ein Herstellungsverfahren, das in der Pharmazie, der Lebensmittelproduktion und auch bei anderen technischen Anwendungen Einsatz findet. Großtechnisch gewann die Gefriertrocknung zur Zeit des 2. Weltkrieges in den USA an Bedeutung durch die Stabilisierung von Blutplasma und die Herstellung von Penicillinen [2,7a]. Doch auch in der Zukunft wird die Gefriertrocknung weiter an Bedeutung hinzugewinnen, da immer mehr Arzneistoffe von biogener Provenienz sind bzw. aus gentechnologischer oder biotechnologischer Herstellung stammen [7h]. Diese Arzneistoffe sind, was die Stabilität anbetrifft, besonders empfindlich und kostbar, so daß Aufwand und Kosten der Gefriertrocknung in einem guten Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen stehen [33]. Aber auch bei herkömmlichen chemischen Arzneistoffen ist die Gefriertrocknung ein geeignetes Herstellungsverfahren, wenn andere Trocknungs- oder Stabilisierungsmethoden nicht anwendbar sind. Da die Gefriertrocknung jedoch sehr aufwendig und teuer ist, muß in diesem Fall eine eingehende Abwägung der entstehenden Kosten gegenüber alternativen Verfahren getroffen werden.

Die Herstellung von Lyophilisaten im pharmazeutischen Bereich kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Häufig werden Lyophilisate, die als Injektabilia der Diagnostika eingesetzt werden, im Endbehältnis getrocknet, z.B. in Ampullen, Injektions- oder Infusionsflaschen, die vor der Applikation mit einem Rekonstitutionsmedium befüllt werden. Ebenso ist eine Gefriertrocknung in Spritzen oder Tablettenblistern möglich [7h]. Bei der „bulk“-Trocknung von Wirkstoffen, Hilfsstoffen und wirkstoffhaltigen Zwischenprodukten wird die Gefriertrocknung auf geeigneten Platten, Tellern oder in Schalen durchgeführt und das getrocknete Lyophilisat weiterverarbeitet. Neben der diskontinuierlichen Trocknung in Behältnissen ist aber auch eine Gefriertrocknung in kontinuierlich arbeitenden Trocknungstunneln möglich [6,10,12]. Diese ermöglichen einen besonders hohen Produktdurchsatz. Das zu trocknende Produkt wird auf gekühlten Bändern eingefroren oder in ein Kühlmedium, z.B. LN2, eingetropft und im erstarrten Zustand in einen evakuierbaren Trocknungstunnel überführt, in dem dann die Trocknung erfolgt. Da dieses Verfahren aber keine Sterilität gewährleisten kann, findet es bevorzugt in der Lebensmittelindustrie Anwendung.

Neben dem Ziel die Stabilität, Wirksamkeit und biologische Aktivität eines Produktes zu optimieren, spielen wegen des hohen Aufwandes auch pekuniäre Aspekte eine große Rolle. Hierbei ist die Verkürzung der Prozeßzeit ein wichtiger Punkt, um dieses kostenintensive Verfahren etwas wirtschaftlicher zu gestalten [55].

2.2 Der Trocknungszyklus

Der in der Gefriertrocknung verwendete Trocknungszyklus besteht aus den drei Prozeßschritten Einfrieren, Primärtrocknung und Sekundärtrocknung.

Beim Einfrieren wird die flüssige Lösung in den festen Aggregatzustand überführt, um das Wasser, das nun größtenteils als Eis vorliegt, bei der anschließenden Trocknung durch Sublimation zu entfernen. Anteile von „non-frozen“ Wasser lassen sich nicht sublimieren, sondern müssen in der Nachtrocknung durch Verdampfung bei erhöhter Temperatur entfernt werden [49]. Wasser kann in verschiedenen Kristallgitterstrukturen existieren, wobei die Phasenübergangstemperaturen der einzelnen Polymorphen druckabhängig sind [51]. Die Modifikation von Eis (Abb.1), die beim Einfrieren unter Atmosphärendruck erhalten wird, weist eine hexagonale Kristallgitterstruktur auf [6,43].

Abb.1: Phasendiagramm des Wassers. Verschiedene Modifikationen von Eis in Abhängigkeit des Druckes: L flüssiges Wasser, Ih hexagonales Eis, II bis IX diverse andere Kristallformen von Eis [6].

Da ein Kristallisationskern (Nukleolus) an seinen Ecken schneller wächst als an seinen Innenstellen, bilden sich Eissterne von charakteristischem Erscheinungsbild, die sich im Zuge des Wachstums immer mehr verzweigen [6]. Größe und Struktur einer solchen Eissternstruktur sind, wie in Abb.2 dargestellt, von Abkühlgeschwindigkeit und Unterkühlung abhängig [43].

Abb.2: Wachstum von Eiskristallen in Wasser bei von links nach rechts zunehmender Unterkühlung [6].

Die Kristallisation einer Flüssigkeit ist das Produkt zweier Prozesse, die nacheinander stattfinden [14]. Zuerst tritt eine Nukleation auf, infolge derer Kristalle in der Flüssigkeit wachsen. Nukleation und Kristallwachstum gehorchen unterschiedlichen Gesetz-mäßigkeiten. Wie viele Flüssigkeiten erstarrt eine wäßrige Lösung nicht am tatsächlichen Gefrierpunkt, sondern läßt sich je nach Reinheit deutlich unter den Gefrierpunkt unterkühlen [6,14,25,43]. Die Unterkühlung von Lösungen beruht auf dem Ausbleiben der Nukleation, die für das Auftreten von Kristallisationskeimen verantwortlich ist. Bei absolut reinem Wasser, das keinerlei heterogene Verunreinigungen beinhaltet, findet eine homogene Nukleation [2,53] statt, bei der sich Wassermoleküle spontan zusammenlagern. In der Praxis ist aber immer mit der Anwesenheit einer heterogenen Verunreinigung zu rechnen, an deren Oberfläche eine heterogene Nukleation [2,53] ausgelöst wird. Das Ausmaß der auftretenden Unterkühlung ist abhängig von der Art und Oberflächenbeschaffenheit der heterogenen Verunreinigung [14]. Je ähnlicher die Oberflächenbeschaffenheit des Kristallisationskeims einem Eiskristall ist, desto weniger ausgeprägt ist die Unterkühlung [6]. Bei Lösungen wird das Ausmaß der Unterkühlung von der Art und Menge der gelösten Substanzen beeinflußt, so daß Lösungen unterschiedlich stark unterkühlt werden können [14]. Bei partikelfreien Lösungen, wie sie für die parenterale Applikation gefordert werden [18], können Unterkühlungen bis zu 10-15 Kelvin unter die eutektische Temperatur beobachtet werden [7a,14]. Die Folge eines Einfrierens aus dem unterkühlten Zustand heraus sind Einfriervorgänge, die sehr schnell ablaufen, ohne daß Zeit für ein ausgeprägtes und geordnetes Kristallwachstum zur Verfügung steht [7a]. Dieses schnelle und zufallsartig einsetzende Auskristallisieren ist zudem in seiner Geschwindigkeit durch äußere Temperatureinprägung kaum kontrollierbar, und damit ist auch die Produktstruktur und die Eiskristallgröße wenig beeinflußbar. Die Größe der entstehenden Eiskristalle und damit die Porengröße des gefriergetrockneten Produktes werden, neben der Determinierung durch Unterkühlungseffekte, von der Einfriergeschwindigkeit, bedingt durch die Platten-temperatur, beeinflußt [6,7a]. Abb.3 zeigt die Abnahme des mittleren Porendurchmessers einer gefriergetrockneten Dextrinlösung mit zunehmender, durch die Plattentemperatur bedingter, Einfriergeschwindigkeit.

Abb.3: Abhängigkeit der mittleren Porendurchmesser gefriergetrockneter Dextrin-Lösungen von der Einfriergeschwindigkeit [7a].

Die Größe der gebildeten Eiskristalle ist später in der Haupttrocknung von großer Bedeutung, da kleine Eiskristalle kleine Poren bei der Trocknung hinterlassen und einen feinporösen Produktkuchen erzeugen, der einen erhöhten Widerstand für den durchströmenden Wasserdampf darstellt und die Sublimation erschwert [30]. Die große spezifische Oberfläche eines feinporigen Produktkuchens beschleunigt allerdings die Entfernung von „non-frozen“ Wasser in der anschließenden Nachtrocknung [30].

Beim Einfrieren zeigen Lösungen mit gut kristallisierenden Inhaltsstoffen ein eutektisches Einfrierverhalten [12,23,43,53]. Zuerst wird Wasser als Eis auskristallisiert, und die verbleibende, ungesättigte Lösung wird im Zuge des weiteren Auskristallisierens von Eis immer mehr aufkonzentriert. Man spricht hier von „Gefrierkonzentration“ [7f,30]. Je kleiner die Ausgangskonzentration der Lösung, desto größer ist der Aufkonzentrierungsfaktor. Durch die stetige Aufkonzentrierung sinkt auch der Gefrierpunkt der verbleibenden Lösung [35c]. Nach Erhalt einer maximal gefrierkonzentrierten Lösung (MFCS = maximally freeze-concentrated solution [16]) kristallisieren Wasser und die gelösten Substanzen nach Überschreiten der Löslichkeitsgrenze an der eutektischen Temperatur (Te) gleichzeitig nebeneinander aus [2,36]. Die mit dem Einfrieren einhergehende Aufkonzentrierung kann zum Auftreten unerwünschter Folgeerscheinungen führen. Zum Beispiel reagieren Proteine besonders empfindlich auf eine Veränderung ihrer Konzentration und auf pH-Wertveränderungen [28,49]. Letztere entstehen durch die unterschiedliche Löslichkeit von Puffersalzen und das zeitlich versetzte Auskristallisieren beim Einfrieren [7e]. So verschiebt sich etwa der pH-Wert eines Phosphatpuffers von pH=7.0 beim Einfrieren auf pH=3.5, da das Dinatriumphosphat eine geringere Löslichkeit hat als das Mononatriumphosphat und zuerst auskristallisiert [30]. In Abb.4 ist das Einfrieren von Kochsalzlösung auf einer -50°C kalten Stellplatte dargestellt. Zunächst erfolgt eine Unterkühlung um etwa 10°C unter den Gefrierpunkt (Tf), dann beginnt am Punkt b Wasser als Eis auszukristallisieren. Die frei werdende Kristallisationsenergie führt zu einem leichten Temperaturanstieg in der Probe. Das System, bestehend aus Eis und konzentrierter Lösung, kühlt sich nun weiter ab, bis eine gesättigte Kochsalzlösung (~23 %w/w) entstanden ist. Von Punkt c an kristallisieren Kochsalz und Wasser parallel nebeneinander aus. Die frei werdende Kristallisationsenergie führt wieder zu einem Temperaturplateau, bis die Probe vollständig erstarrt ist und im festen Aggregatzustand vorliegt. Te liegt in diesem Fall bei -21,2 °C, und der Gehalt an „non-frozen“ Wasser beträgt effektiv 0 %.

Abb. 4: Temperaturverlauf einer wässrigen Kochsalzlösung beim Einfrieren [2].

Ein anderes Verhalten zeigen Stoffe, die zur Übersättigung neigen, darunter z.B. diverse Zucker oder andere Polyhydroxyverbindungen [45,61]. Sie erstarren als amorphes Glas, anstatt am eutektischen Punkt auszukristallisieren. Beim Einfrieren und der damit verbundenen Gefrierkonzentration bildet sich aufgrund der Übersättigung eine viskose Lösung, in der Diffusionsvorgänge, die für eine Kristallisation von Nöten sind, nur sehr langsam von statten gehen [33]. Deshalb kristallisiert dieses System, obwohl es thermodynamisch instabil ist, nicht aus, sondern erstarrt kinetisch als unterkühlte Flüssigkeit ohne vollständige Phasentrennung der Komponenten. Als Folge der ausbleibenden Kristallisation entstehen hohe Gehalte an „non-frozen“ Wasser, das in der Glasphase eingeschlossen ist [6,23,43]. Aus dem selben Grund ist der Aufkonzentrierungsfaktor nicht so groß wie bei auskristallisierenden Stoffen. Ein typischer Vertreter ist Saccharose [9], deren Einfrierverhalten in Abb.5 dargestellt ist.

Abb.5: Temperaturverlauf einer wässrigen Saccharoselösung beim Einfrieren [2].

Die Saccharoselösung friert nach anfänglicher Unterkühlung am Punkt Tf ein, wobei die freiwerdende Kristallisationsenergie des Wassers zum kurzzeitigen Temperaturanstieg führt. Es bildet sich Eis und eine immer konzentrierter werdende Saccharoselösung. Im Zuge der Konzentrierung nimmt die Viskosität der Restlösung immer weiter zu, bis sich ein viskoelastischer „rubber“ bildet. Zuletzt erstarrt dieses „gummi-elastische“ System als festes, amorphes Glas. Dieser Punkt Tg’ ist die Glasübergangstemperatur der MFCS, die einen Gehalt an „non-frozen“ Wasser von wg’ aufweist [16,44,50]. Ein Temperaturplateau gibt es aufgrund der ausbleibenden Kristallisation nicht. Tg’ und wg’ hängen von der Molekülgröße und -struktur ab und sind deshalb stoffspezifische Eigenschaften [61], die für die nachfolgende Gefriertrocknung von entscheidender Bedeutung sind. Erwärmt sich nämlich das Produkt während der Trocknung über Tg’ kommt es zum Glas/Gummi-Übergang und Erweichen der Gerüststruktur, wobei Wasser als Weichmacher für den Gerüstbildner fungiert [30]. Die Zerstörung der Gerüststruktur während der Trocknung wird auch als Kollaps am Kollapspunkt Tc bezeichnet [2,14,30,44]. Derartige Systeme sind nur unter exakt kontrollierten Trocknungsbedingungen zu trocknen, da ein Temperaturanstieg im Produkt über Tc hinaus zum Kollaps führen könnte [49]. Die Bildung eines amorphen Glases kann aber durchaus erwünscht sein, da Proteine und Eiweiße in solchen erstarrten Flüssigkeiten stabilisiert werden können [33,49,61].

Abb.6: „state“-Diagramm eines Saccharose/Wasser-Systems.
Dargestellt ist das
Einfrierverhalten einer Saccharose-Lösung, die beim Einfrieren die eutektische Temperatur Te unterschreitet und nach Erreichen von Tg als amorphes Glas erstarrt [28].

Abb.6 zeigt das sog. „state“-Diagramm einer Saccharoselösung, welches die kinetisch metastabilen Zustände in Abhängigkeit vom Wassergehalt darstellt. Der Verlauf der Einfrierkurve von Punkt A an führt über den eutektischen Punkt Te in den Bereich einer übersättigten Lösung, die bei Erreichen von Tg’ als Glas erstarrt. Die Tg-Kurve in Abb.6 stellt eine Isoviskositätskurve dar, an der die Viskosität der Saccharose/Wasser-Lösung den Wert von ca. 1014 Pas erreicht.
Ein weiteres Einfrierverhalten mit praktischer Bedeutung ist ein System, das beim Abkühlen nur unvollständig auskristallisiert [58]. Ein Restanteil der MFCS zeigt hierbei am Te kein eutektisches Verhalten, sondern erstarrt am Tg’ als amorphes Glas. Ein typischer Vertreter ist Mannitol [2,16,62]. Da die metastabilen, amorphen Anteile unerwünscht sind, weil sie bei der Trocknung zum Kollaps neigen und für eine hohe Restfeuchte am Ende der Haupttrocknung sorgen, sollten die amorphen Anteile nachträglich zur Kristallisation gebracht werden. Hier kommt das sogenannte „Thermal Treatment“ oder „Annealing“ zum Einsatz [12,14,25,53]. Die eingefrorene Lösung - teils kristallisiert, teils amorph erstarrt - wird über Tg’ erwärmt, allerdings nur so weit, daß sie Te nicht überschreitet. Dabei geht der amorphe Anteil des Systems in den viskoelastischen „rubber“ über, in dem die Beweglichkeit der Moleküle deutlich erhöht wird und Diffusion und Kristallwachstum wieder auftreten können. Es kommt nun bei Erreichen der Rekristallisationstemperatur Trc zu einer eruptiven Rekristallisation des amorphen Anteils des Mannitols [16] und zur Bildung von Eis aus dem im Glas eingeschlossenen „non-frozen“ Wasser. Das spätere Trocknungsverhalten und daher auch die Endfeuchte des Produktes können über dieses Verfahren der nachträglichen Kristallisation verbessert werden.

Die Unterkühlung und die Gefrierkonzentration prägen die Morphologie und das makroskopische Erscheinungsbild des trockenen Produktes [11,23]. Produkte, die mit Unterkühlung eingefroren wurden, setzen sich aus kleinen Kristallen zusammen oder sind amorph erstarrt. Die Produktkuchen sind sehr gleichmäßig aus Feststoff und Eis zusammengesetzt. Dies kann wünschenswert sein, wenn ein extensives Kristallwachstum zu einer Beschädigung des Produktes führt, wie zum Beispiel beim Einfrieren von biologischem Material aus Zellen (Fleisch oder Mikroorganismen). Hier kann eine Unterkühlung bewußt herbeigeführt werden, etwa durch Einfrieren unter hohem Druck bzw. durch Einfrieren mit Druckwechsel [51,52], da der Gefrierpunkt von Wasser druckabhängig ist [1,6]. Durch Anlegen von hohem Druck (z.B. 200MPa) beim Einfrieren kann die Lösung ohne auszukristallisieren auf ihre endgültige Einfriertemperatur abgekühlt werden. Die Unterkühlung wird durch schlagartiges Aufheben des Druckes beseitigt und das System erstarrt spontan.

Wird hingegen die Unterkühlung beim Einfrieren von Lösungen vermieden, so werden bei geringer Abkühlgeschwindigkeit große Eiskristalle erhalten, die Konzentrationsunterschiede und Entmischung im Produkt bewirken [6]. Durch ein langsames, ausgeprägtes Eiskristallwachstum entstehen besonders große Eiskristalle, die, wenn ein Temperaturgradient beim Einfrieren vorgelegen hat, in Richtung des Gradienten ausgerichtet sind. In diesem Fall werden Produkte erhalten, die von einer großlumigen Säulen- bzw. Kaminstruktur durchzogen sind. Allerdings ist bei diesen groß gewachsenen Strukturen die spezifische Oberfläche verkleinert, so daß das Rekonstitutionsverhalten negativ beeinflußt sein kann [6].

Zum Erscheinungsbild von Lyophilisaten kann auch die Ausbildung eines Häutchens an der Produktoberfläche gehören [11,29]. Es ist die Folge der Gefrierkonzentration, bei der die MFCS eine Grenzfläche zur Luft ausbildet und dann erstarrt. Da in diese Grenzfläche keine großen Eiskristalle eingebettet sind, hat dieses Häutchen eine zusammenhängende Struktur. Es kann bei der Primärtrocknung die Oberfläche des Produktkuchens so abdichten, daß der Abtransport des Wasserdampfes behindert wird [21,31]. Ein Häutchen wird gefunden, wenn Produkte auf vorgekühlten Stellplatten eingefroren werden, da hier die Kristallisation zuerst am Gefäßboden einsetzt. Bei Erreichen einer hinreichend tiefen Temperatur findet am Flaschenboden Nukleation statt, und die Kristallisation setzt spontan ein. Die überstehende Lösung, die weniger bzw. gar nicht unterkühlt ist, friert langsam und gerichtet in einem Temperaturgradienten von unten nach oben ein. Die immer konzentrierter werdende Restlösung wird bei dieser Art des Einfrierens durch das von unten heraufwachsende Eis nach oben gedrückt und bildet ein ausgeprägtes Häutchen an der Oberfläche, welches zuletzt erstarrt [11]. Die unterkühlungsbedingte Einschränkung des Eiskristallwachstums kommt bei diesem Verfahren nicht so stark zum Tragen, da hier nur der untere Teil der Lösung spontan einfriert. Der Rest der überstehenden Lösung kristallisiert aber, ausgehend von den Kristallen am Gefäßboden, relativ langsam aus.

Abb.7 zeigt schematisch die innere Morphologie gefrorenen Produktkuchens mit nach oben gerichteten Säulenstrukturen und einem aufgelagerten Häutchen. Die vertikale Ausrichtung der Strukturen ist die Folge des beim Einfrieren vorliegenden Temperaturgradienten. Die säulenartigen Eisstrukturen lassen in der Haupttrocknung Kanäle entstehen, die senkrecht zum Gefäßboden ausgerichtet sind und einen Wärme- und Stofftransport erlauben [10,49]. Einschränkend wirkt aber das Häutchen, das dem Wasserdampfstrom limitierend entgegensteht. Beim Einfrieren in Kältebädern bei tiefer Temperatur (<-60°C) entstehen in den Produktbehältnissen sehr ausgeprägte Temperaturgradienten, die von der Gefäßwand in die Gefäßmitte gerichtet sind.


Abb.7: Gefrorener Produktkuchen mit Säulenstruktur und Häutchen [31].

Dies führt zum einen zu sehr hohen Abkühl- und damit Kristallisationsgeschwindigkeiten, zum anderen zu radial ausgerichteten Strukturen des erstarrenden Produktes [6]. Da das Produkt von außen nach innen einfriert und Eis ein größeres Volumen als die flüssige Restlösung einnimmt, wird die verbleibende Lösung zuerst nach innen und dann in der Mitte nach oben geschoben. So entsteht ein Produktkuchen von typischem Erscheinungsbild mit einer spitzen Erhebung in der Mitte [6].

Die Aggregatzustände des Wassers sind jeweils direkt ineinander überführbar, wie aus dem Zustandsdiagramm (Abb.8) hervorgeht. Welcher Aggregatzustand vorliegt ist druck- und temperaturabhängig. In der Haupttrocknung wird das Eis mittels Sublimation direkt vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand überführt. Dies ist möglich, weil Eis einen, wenn auch geringen, Dampfdruck besitzt [6]. In einem offenen System, dem ständig Wasserdampf entzogen wird, ist daher eine vollständige Überführung des Eises in Wasserdampf möglich [36]. Dies geschieht in der apparativen Gefriertrocknung mit Hilfe eines Kondensators [25,48], der die kälteste Stelle im System darstellt und an dessen Oberfläche der Wasserdampf ausfriert. Treibende Kraft für die Aufrechterhaltung der Sublimation ist daher das Dampfdruckgefälle zwischen dem gefrorenen Produkt und dem wesentlich kälteren Kondensator.

Abb.8: Zustandsdiagramm des Wassers und einer wässrigen Lösung, sowie
Prozeßschritte bei der Gefriertrocknung (nicht maßstäblich) [6].

Durch Anlegen von Vakuum wird die Sublimation erleichtert, da eine Anwesenheit von Gasen den Partialdampfdruck des Eises herabsetzt [41]. Der Gesamtdruck des Systems setzt sich nämlich additiv aus den Partialdampfdrucken der beteiligten Gaskomponenten, hier von Eis und Luft, zusammen (Gl.1) [35].

(Gl.1)

Beschleunigt werden kann die Trocknung durch eine Erhöhung der Temperatur [41], da der Dampfdruck von Eis mit der Temperatur exponentiell zunimmt. Dies wird durch die Clausius-Clapeyronsche Gleichung (Gl.2) beschrieben.

(Gl.2)

p1 und p2 sind die Dampfdrucke, die bei den Temperaturen T1 und T2 vorliegen und H ist die molare Verdampfungswärme. Durch Sublimation wird ständig Energie verbraucht, welche über die Plattentemperatur nachgeliefert werden muß. Es stellt sich also ein „pseudo steady state“ [30] ein, wobei die Sublimationsrate von der zugeführten Wärmemenge abhängig ist (Gl.3).

(Gl.3)

Die Sublimation der Wassermenge dm pro Zeit dt verbraucht die Wärmeenergie dQ, wobei für ein Gramm Wasser eine Sublimationsenergie, Hs, von 2805 J/g benötigt wird [2,6]. Die Sublimationsrate dm/dt ist weiterhin von der Differenz zwischen Dampfdruck des Eises p0 und Kammerdruck pc [30], sowie vom Widerstand für den Abtransport des Wasserdampfes abhängig (Gl.4).

(Gl.4)

Rp ist der Transportwiderstand des getrockneten Produktes und Rs der Widerstand des Stopfens auf dem Vial. Der Produktwiderstand Rp ist von der Sublimationsfläche und von der Schichtdicke abhängig. Außerdem vergrößert sich der Produktwiderstand mit steigender Konzentration der Lösung und abnehmender Porengröße [2]. Die Übertragung der Wärmemenge von der Platte auf das Produkt pro Zeit, (dQ/dt), ist abhängig von der Differenz zwischen der Stellplattentemperatur Ts und der Produkttemperatur Tp, von der Vialbodenfläche Av und dem Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten Kv [Js-1m-2K-1] (Gl.5) [30].

(Gl.5)

Für die Übertragung der für die Sublimation benötigten Energie, dQ, auf das Produkt stehen drei Mechanismen zur Verfügung [2,21,36]: Wärmestrahlung, Wärmeleitung durch den Flaschenboden und Konvektion erwärmter Gasmoleküle zur Vialwand. Da die Bodenfläche eines Vials nach innen gewölbt ist (Abb.9), ist die Auflagefläche sehr klein und damit der Energieübertrag durch Wärmeleitung ebenfalls gering [2]. Wärmestrahlung erwärmt das Produkt von oben und von der Seite, wobei der radiale Wärmeeintrag vom Beschickungsmuster der Anlage und von der Vialgeometrie abhängig ist [2]. Der größte Teil der Energie wird abhängig vom Kammerdruck durch Konvektion übertragen (Abb.9) [19,21]. Aus den Gl.2 und Gl.5 geht hervor, daß die Trocknung um so schneller vonstatten geht, je höher die Plattentemperatur und der Kammerdruck ist. Limitierend für den entweichenden Wasserdampf sind die Transportwiderstände, wobei vor allem die Permeabilität des bereits getrockneten Produktkuchens die Sublimationsrate beeinflußt [2].

Abb.9: Wärmeübertragung und Wasserdampftransport in der Haupttrocknung [7a].

Abb.10 zeigt, daß der Widerstand des getrockneten Produktkuchens etwa 80% des Gesamtwiderstandes ausmacht. Während der Haupttrocknung kühlt sich das Produkt selbst auf eine Temperatur, die von der Sublimationsrate und dem Kammerdruck abhängt [22]. Wird dem System mehr Energie zugeführt als durch Sublimation abgeführt werden kann, kommt es zum Ansteigen der Produkttemperatur, wobei auf keinen Fall Te und Tc überschritten werden dürfen. Bei kristallinen Matrizes kommt es bei Überschreiten der Te zu Antaueffekten, die zur Freisetzung von Wasser führen. Folge des Antauens ist der Verlust der porösen Gerüststruktur [44]. Bei amorphen Systemen kommt es bei Überschreiten der Tg’ zu Relaxation und translatorischer Diffusion [58], zu Rekristallisation und zu viskosem Fließen [44]. Folge ist auch hier der Verlust der Gerüststruktur. Tg’ und Tc korrelieren miteinander, wobei Tc etwas höher liegt als Tg’ [49]. Die Folgen eines Kollapses können hohe Feuchtegehalte, „puffing“, Verlust an biologischer Aktivität, sowie physikalische und chemische Instabilität sein [23,53].

Abb.10: Widerstände für den Wasserdampfstrom während der Trocknung.
Das Balkendiagramm links stellt die Einzelwiderstände im Verhältnis zum Gesamtwiderstand dar [2].

Der bei der Trocknung entstehende Wasserdampf verläßt auf unterschiedliche Arten die Matrix (Abb.11). Existieren Kanäle, so entweicht der Wasserdampf direkt durch Sublimation und hinterläßt seinerseits neue Kanäle [43]. Sind keine Kanäle vorhanden, z.B. bei amorphen Systemen, diffundieren Wassermoleküle nach der Sublimation durch die Matrix und erreichen schließlich die Poren der bereits getrockneten Matrix, aus denen sie entweichen können [43]. Bei Matrizes mit hohen Diffusionswiderständen, die einen Wasserdampfrückstau verursachen, kann der Wasserdampf die Feststoffbrücken zwischen den Poren brechen, und es entstehen Risse in der Matrix, die dann das Entweichen von Wasserdampf wiederum erleichtern [43].

Neben dem Kollaps der Matrixstruktur können auch weitere makroskopische Veränderungen als Folge einer Trocknung mit zu großer Energiezufuhr auftreten. Der Wasserdampfstrom kann zusammenhängende Produktstrukturen zerreißen, zum Produktverlust aus dem Vial führen und das Ablösen eines Häutchens von der Produktoberfläche bedingen [46]. Verursacht werden diese unerwünschten Erscheinungen durch die hohe Geschwindigkeit des Wasserdampfstromes. Die berechnete Geschwindigkeit des Wasserdampfes bei einem Kammerdruck von 0,1-0,3mbar kann (eine bestimmte Kondensatorkonstruktion vorausgesetzt) etwa 50-100m/s betragen [6].

Die Restanteile von „non-frozen“ Wasser, die einer Sublimation nicht zugänglich sind, werden in der Nachtrocknung durch Verdampfung bei erniedrigtem Druck und erhöhter Temperatur entfernt. Hierbei handelt es sich um oberflächlich adsorbiertes Wasser, Kristall- bzw. Hydratwasser oder in amorphen Arealen eingeschlossenes Wasser [49]. Der Trocknungsmechanismus ist im Falle einer kristallinen Matrix die Desorption und Verdampfung von Wasser an der Kristalloberfläche. Kristall- und Hydratwasser bleiben zunächst in der Matrix präsent. Bei amorphen Substanzen, die bis zu 40% Wasser einschließen können, findet eine Diffusion des Wassers aus der Glasphase an die Oberfläche statt [2]. Dieser langsame Prozeß führt dazu, daß die Nachtrocknung oftmals der längste Prozeßschritt in der Gefriertrocknung ist und bei amorphen Substanzen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt [2]. Die Nachtrocknung beginnt bereits während der Haupttrocknung, und zwar in den bereits getrockneten Bereichen des Produktes, während darunter noch Eis sublimiert [30,49]. Nachdem die letzten Eiskristalle sublimiert sind entfällt die Selbstkühlung des Produktes, und es kommt zum Temperaturanstieg auf Plattentemperaturniveau [25]. Die Restfeuchte nimmt in dieser Phase stark ab, bis ein „Restfeuchteplateau“ erreicht wird. Die Höhe dieses Plateaus ist von der Plattentemperatur abhängig und kann durch eine Temperaturerhöhung abgesenkt werden [6]. Die anschließende Desorption von „non-frozen“ Wasser erfolgt nur noch sehr langsam, wobei eine große spezifische Oberfläche die Trocknungszeit verkürzt. Einflußgrößen für die Endfeuchte des Produktes sind die Plattentemperatur und die Trocknungszeit. Der Kammerdruck ist von untergeordneter Bedeutung [55]. Bei amorphen Substanzen ist darauf zu achten, daß auch während der Nachtrocknung die Tg nicht überschritten wird. Da die Tg mit sinkendem Wassergehalt steigt [50], ist es ratsam, die Temperatur in der Sekundärtrocknung langsam und schrittweise zu erhöhen, wie dies in Abb.12 schematisch dargestellt ist.

Abb.12: Gefriertrocknungszyklus (schematisch):

2.3 Kontrolle der Prozeßparameter

Bei der Gefriertrocknung ist eine exakte Druckmessung unerläßlich, da der Kammerdruck den Energieeintrag und die Sublimationsrate beeinflußt. Häufig finden Wärmeleitfähigkeits-manometer und kapazitive Manometer Verwendung. Quecksilbermanometer sind wegen der Kontaminationsgefahr für das Trockengut nicht geeignet. Mechanische Manometer sind wegen ihres eingeschränkten Meßbereichs ebenfalls ungeeignet [2].

Das kapazitive Manometer (Abb.13) besteht aus einem flexiblen Metalldiaphragma, das sich zwischen zwei parallelen Kondensatorplatten befindet. Durch Druckänderung kommt es zu einer Deformation des Diaphragmas und damit zu einer Änderung der Kondensatorkapazität [2]. Da es sich um ein geschlossenes System ähnlich einer Druckmeßdose handelt, ist die Messung von der Zusammensetzung der Umgebungsatmosphäre völlig unabhängig. Der Meßbereich erstreckt sich je nach Bautyp von 0,001 bis 1mbar, bzw. von 0,01 bis 10mbar mit einer Genauigkeit von 0,05 bis 3% [17].

Abb.13: Kapazitives Manometer (stark schematisch) [2]

Das Meßprinzip der Pirani-Röhre (Abb.14) nutzt die Wärmeleitfähigkeit von Gasen aus. Sie besteht aus einem elektrischen Heizdraht, der seine Energie an die umgebende Atmosphäre abgibt. Der Energieverlust durch Wärmeleitung ist um so größer, je mehr Gasmoleküle anwesend sind, d.h. je höher der Umgebungsdruck ist [39]. Ein Nachteil des Meßprinzips ist die Abhängigkeit der Messung von der atmosphärischen Zusammensetzung, da sich die verschiedenen Gase in ihren spezifischen Wärmekapazitäten unterscheiden. Üblicherweise wird die Pirani-Röhre auf Luft oder Stickstoff kalibriert. Dies führt allerdings in der Haupttrocknung zu einer Fehlmessung, da hier die Kammeratmosphäre nahezu vollständig aus Wasserdampf besteht, der eine doppelt so große spezifische Wärmekapazität wie Stickstoff aufweist [65,67]. Daher werden zu hohe Meßwerte anzeigt. Der Meßbereich der Pirani-Röhre erstreckt sich von etwa 0,01 bis 10mbar bei einer Genauigkeit von ca. 2% über dem ganzen Meßbereich [17].

Abb.14: Wärmeleitfähigkeitsmanometer (Pirani-Röhre)

Wird zur Druckmessung sowohl die Pirani-Röhre, als auch das Kapazitätsmanometer verwendet, wird die Anwesenheit von Wasserdampf durch eine Meßwertdiskrepanz zwischen beiden Meßgeräten detektiert [2,17,39]. Zu Beginn der Haupttrocknung entsteht Wasserdampf, der die Pirani-Röhre in Richtung zu hoher Meßwerte vom Kapazitätsmanometer ablenkt. Am Trocknungsende kommt es bei den Manometern zu einer erneuten Meßwertübereinstimmung. Die sog. komparative Druckmessung ermöglicht es also, Beginn und Ende der Trocknungsphase zu beobachten, ohne Produktfühler in die Vials einbringen zu müssen.

Zur Messung der Produkttemperatur sind Thermoelemente und Widerstandsthermometer am gebräuchlichsten. Da sie allerdings nur stichprobenartig die Temperatur einzelner Vials bestimmen, ist die Messung nicht unbedingt repräsentativ für die gesamte Charge. Temperaturfühler können beim Einfrieren Unterkühlungseffekte unterdrücken [14,24] und lassen keine Aussage über die Gegebenheiten beim Einfrieren in den anderen Vials zu. Während der Haupttrocknung sind die gemessenen Temperaturwerte stark von der Positionierung des Temperaturfühlers im Vial abhängig und die Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Vials einer Charge können 10°C bis 15°C betragen [6]. Im aseptischen Herstellungsprozeß ist das manuelle Einbringen von Temperaturfühlern eine unerwünschte Kontaminationsquelle, die vermieden werden sollte. Eine alternative, berührungsfreie Messung erlaubt hingegen die Barometric Temperature Measurement-Methode (BTM) [6,24,40].

Die Änderung des elektrischen Widerstandes von Metallen mit der Temperatur wird hiermit genutzt. RTDs bestehen aus einem Platindraht, der in einer Keramik eingebettet ist, die ihrerseits durch eine Glas- oder Metallhülle geschützt wird. RTDs sind groß und führen durch Selbsterwärmung zu einem Energieeintrag in das Produkt [2,24].

Sie stellen einem Stromkreis dar, der aus zwei Drähten unterschiedlichen Metalls besteht, die an einer Stelle miteinander verbunden sind. Erfährt die Verbindungsstelle der Drähte eine Temperaturänderung, so wird ein elektrisches Potential und ein Stromfluß generiert, der proportional zur Temperaturänderung ist [2]. Thermoelemente zeigen keine Selbsterwärmung, sind klein, was eine punktuelle Messung im Produkt erleichtert, und sie sind kostengünstig.

Die BTM-Methode mißt die Oberflächentemperatur des sublimierenden Eises über einen Druckanstieg in der Trocknungskammer [24,40]. Hierzu wird das Ventil zwischen Kammer und Kondensator kurzzeitig geschlossen, danach führt der aus dem Produkt entweichende Wasserdampf zu einem Druckanstieg in der Trocknungskammer. Unter definierten Ausgangsbedingungen wird aus dem Druckanstieg die Produkttemperatur berechnet. Die Resultate der BTM-Messung gelten aber immer nur für einen bestimmten Gefriertrockner, ein bestimmtes Produkt und für identische Prozeßbedingungen [24].

Wie oben beschrieben, kann mit der komparativen Druckmessung Beginn und Ende der Haupttrocknungsphase detektiert werden.

Während der Trocknung wird das Zwischenventil für einen definierten Zeitraum geschlossen. Hat das Produkt noch mehr als die gewünschte Restfeuchte, kommt es zu einem raschen Druckanstieg in der Kammer über einen vorher festgelegten Grenzwert hinaus. Bei einem nicht bestandenen Druckanstiegstest wird weiter getrocknet und der Test solange wiederholt, bis der festgelegte Grenzwert unterschritten wird. Voraussetzung für einen aussagekräftigen Druckanstiegstest ist eine niedrige Leckrate des Trockners. Es besteht weiterhin das Risiko, daß ein zu langer oder zu großer Druckanstieg zu einer Erwärmung und damit zu einer Beschädigung des Produktes führt.

Dies besteht aus 4 kleinen Propellern, die über den Vials auf der Stellplatte positioniert und von der Strömung des Wasserdampfes angetrieben werden. Die Propellerdrehung wird um so schneller, je mehr Wasserdampf sublimiert. Am Trocknungsende, wenn kein Wasserdampf aus dem Produkt entweicht, kommt die Propellerbewegung zum Stillstand.

Gasanalysatoren bestimmen die Zusammensetzung der Kammeratmosphäre durch Massenspektroskopie und sind so in der Lage, die Trocknung über den Wasserdampfgehalt zu verfolgen.

Feuchtigkeitssensoren verfolgen die Trocknung durch die Detektion von Wasserdampf in der Trocknungskammer.

Gefriertrocknungswaagen sind Präzisionswaagen, auf denen ein Vial im Gefriertrockner gewogen wird. Über die Gewichtsabnahme und Gewichtskonstanz können die Trocknungsgeschwindigkeit und das Trocknungsende bestimmt werden. Die Bewertung eines einzigen Vials ist aber nicht unbedingt repräsentativ für die gesamte Charge.

2.4 Aufbau einer industriellen Gefriertrocknungsanlage

Abb.15: Aufbau einer industriellen Gefriertrocknungsanlage [10]:

1 Trocknungskammer
2 Sichtfenster
3 Pizza-Tür
4 Entnahmetür
5 Hydraulikzylinder für Stellplattenbewegung und zum Eindrücken der Stopfen
6 Edelstahlbalg
7 Mantelkühlung nach der Dampfsterilisation
8 Zwischenventil
9 Kondensator
10 Beladewagen
11 Entnahmewagen
12 entladene Stellplatten

Um einen aseptischen Herstellungsprozeß zu gewährleisten, wird das Beladen des Gefriertrockners im Reinraum der Klasse 100 unter „Laminar Air Flow“ durchgeführt (Abb.15). Die Beladetür ist eine schmale Pizzaklappe, die eine Kontamination der dampfsterilisierten Trocknungskammer durch Luftaustausch verhindert. Am Ende der Trocknung werden die Stopfen durch Zusammenfahren der Stellplatten mittels Hydraulikzylinder eingedrückt. Das Entladen findet in einem zweiten Reinraum der Klasse 10.000-100.000 statt, da für das verschlossene Produkt keine Kontaminationsgefahr mehr besteht. Dadurch ist dann auch ein zügiges Entladen mit Hilfe eines speziellen Entnahmewagens möglich. Der Kondensator befindet sich in einem anderen Stockwerk.

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