3.3.8 Eliminierungen als Grundlage von Ähnlichkeit

Auch Eliminierungen sind ein sehr genereller Reaktionstyp in der organischen Chemie. Das wesentliche an Eliminierungen hinsichtlich ihres Einsatzes als Kriterium von Ähnlichkeit zwischen Verbindungen besteht darin, daß freie Heterosubstituenten unter Bildung von CC-Mehrfachbindungen von einem Skelett entfernt werden. Unter freien Heterosubstituenten werden solche Heteroatome verstanden, die genau eine Bindung zu einem anderen Schweratom haben, als weitere Nachbarn also höchstens Wasserstoff-Atome. In der Begriffswelt der Syntheseplanung ist ein solcher Prozeß eine Entfernung funktioneller Gruppen (FGR1). Gleichwohl soll eine Relation zwischen Verbindungen mit CC-Mehrfachbindungen und mit analog einfach oder vicinal substituierten Verbindungen hergestellt werden.

Die wesentlichen Umwandlungen, welche diese Transformationsregel vornimmt, sind (in dieser Reihenfolge):

o

o o Hervorhebenswert ist für diese Transformationsregel die Verwendung eines physikochemischen Parameters (-Atompartialladung). Üblicherweise basieren die Manipulationen der Transformationsregeln auf topologischen und anderen qualitativen Kriterien. Dem WODCA System stehen jedoch eine ganze Reihe von Berechnungsmethoden zur Verfügung, welche die quantitative Berechnung von physikochemischen Eigenschaften bei gleichzeitiger Sicherstellung der Interaktionsfähigkeit mit dem Benutzer erlauben.

Wie die Redox-Transformationen Oxidation und Reduktion erfordert die Eliminierungs-Transformation eine deutlich enge Verwandtschaft zwischen zwei Verbindungen, damit sie als ähnlich erkannt werden. Das liegt vor allem darin begründet, daß freie Substituenten notwendig sind. Jedoch kann auch die Eliminierung als Elementarschritt einer Extraktion der C-Skelette inklusive der -Atome (unter Erhalt von Aromaten) nachgeschaltet werden (siehe Übersicht 3 - 4). Diese Transformationsregel C-Skelett inklusive -Atome und Eliminierung" führt auch die Ester von decarboxylierbaren Carbonsäuren, Ether und höhere Amine in einer Trefferliste zusammen, definiert also eine großzügigere Ähnlichkeit.

Übersicht 3 - 4 Ähnlichkeitssuchen basierend auf Eliminierungen

Eliminierung

1,4- und 1,2-Eliminierungen freier Substituenten (Halogene, Chalkogene, Elemente der Stickstoff-Gruppe) sowie Decarboxylierung freier Carbonsäuregruppen in Nachbarschaft zu Donoratomen (siehe Text). Nur das größte resultierende Fragment bleibt erhalten.

C-Skelett inklusive -Atome und Eliminierung

Zunächst werden die C-Skelette extrahiert, wobei unmittelbar daran gebundene Heteroatome (-Atome) ebenfalls erhalten bleiben. Verbrückt ein Heteroatom mehrere C-Skelette wird dieses dupliziert. Offene Valenzen werden dann gesättigt und dann die Eliminierungsregel angewandt. Nur das am Ende größte resultierende Fragment bleibt erhalten.

Ein Beispiel für die Anwendung der Eliminierungs-Transformation ist die Suche nach zu 2-Methyl-2-penten (29) ähnlichen Verbindungen. Die Suche ergibt drei Treffer im Fluka-Katalog. Neben der Anfrageverbindung werden zwei Alkohole gefunden, die sich durch Eliminierung unter Sajtsev-Orientierung genau zu dem gewünschten Olefin umsetzen lassen (siehe Abb. 3 - 30).

Abb. 3 - 30

Zueinander Ähnliche Verbindungen nach dem Kriterium Eliminierung". Ein solch spezifisches Ergebnis ist mittels klassischer Substruktursuchen unmöglich. Links die Anfrageverbindung.


Die Arbeitsweise der Transformation C-Skelett inklusive -Atome und Eliminierung" kann anhand einer Suche nach Lävulinsäure-Bausteinen (30) verdeutlicht werden. Sechs Verbindungen werden für Lävulinsäure im Fluka-Katalog gefunden. Die in Abbildung 3 - 31 dargestellten Verbindungen werden durch die Transformation alle in die Anfrageverbindung umgewandelt. -Angelicalacton (31) ist das innere Anhydrid von Lävulinsäure, auch die Methylen-Verbindung (32) entspricht nach Hydrolyse und Ketonisierung der enolischen Hydroxylgruppe genau der Anfrage. Bemerkenswert ist der letzte Treffer. Soll ein Lävulinsäure-Baustein etwa an der endständigen Methylgruppe elektrophil angegriffen werden, dann ist 3-Oxo-adipinsäuredimethylester das Ausgangsmaterial der Wahl, da hier diese Position durch die (später decarboxylierbare) Estergruppe doppelt aktiviert ist.

Abb. 3 - 31

Suche nach Lävulinsäure-Analoga mit der Transformation C-Skelett inklusive -Atome und Eliminierung". Im Fluka-Katalog erhält man sechs Treffer.






1
Functional Group Removal
2
Die -Atompartialladungen werden nach dem Algorithmus von Gasteiger und Marsili [84] während der Transformation berechnet.