3.3.5 Ähnlichkeiten durch generalisierte Reaktionen

Die bisher beschriebenen Ähnlichkeitskriterien gehören zur Gruppe der substruktur-orientierten Transformationen (vgl. Abschnitt 3.3.2, Seite 45ff). Nachfolgend werden die reaktionsklassen-orientierten Ähnlichkeitskriterien behandelt. Zunächst werden die Kriterien einzeln nacheinander vorgestellt. Schließlich lassen diese sich (z. T. auch mit Transformationen der anderen Gruppe) zu noch leistungsfähigeren Kriterien kombinieren. Das wird im Anschluß belegt.

3.3.6 Hydrolyse-Transformationen

Die Hydrolyse ist eine wichtige, sehr generelle Reaktion in der Chemie. Mit ihrer Hilfe lassen sich elementare Umfunktionalisierungen durchführen. Größere Verbindungen (z. B. Ester) zerfallen dabei oft in wesentlich kleinere, elementarere Komponenten. Es wird deshalb hier nochmals daran erinnert, daß am Ende alle Fragmente bis auf das größte verworfen werden.

Hingewiesen sei an dieser Stelle auch daran, daß die Hydrolyse als Transformationsregel sowohl auf die Anfrageverbindung, als auch auf jedes Datenbankmolekül angewendet wird bzw. wurde. Dadurch können im Sinne einer synthetischen Umsetzung eines so gefundenen Datenbankmoleküls zur Anfrageverbindung auch andere Reaktionen als nur Hydrolyseschritte notwendig sein, etwa Substitutionen. Es wird weiter unten noch gezeigt, welche Konsequenzen das hat.

Grundsätzlich werden formale Hydrolyseschritte zur Definition des Ähnlichkeitskriteriums an substituierten Kohlenstoff-Atomen, aber auch an den Atomen der Stickstoff-Gruppe und Chalkogenen (mit Ausnahme von Stickstoff und Sauerstoff), durchgeführt. Unterschieden werden kann, ob das betreffende Atom mit hydrolysierbaren Substituenten aromatisch ist oder nicht.1 Das trägt der Tatsache Rechnung, daß aromatische Substituenten mitunter nur unter recht drastischen Bedingungen (oder gar nicht) hydrolysierbar sind.

Welche Bindungen hydrolysiert werden und welche (Transformations-)Produkte dabei entstehen, zeigen die folgenden Abbildungen. Die wesentlichen funktionellen Gruppen, die der Hydrolyse unterworfen werden sind

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Abb. 3 - 19

Wirkung der Hydrolysefunktion auf einige Carbonyl- und carbonylanaloge Verbindungen. Es wird immer die korrespondierende Carbonylstammverbindung (Aldehyd bzw. Keton) gebildet.


Abb. 3 - 20

Wirkung der Hydrolysefunktion auf Epoxide, Episulfide etc. Andere Ether werden nicht verändert.


Abb. 3 - 21

Hydrolyse von Halogensubstituenten und Aminen. Freie Aminogruppen werden immer hydrolysiert, sekundäre und höhere Amine dagegen nicht (rechts). Fluorsubstitutenten werden nur dann hydrolysiert, wenn andere hydrolysierbare Substituenten gleichzeitig vorhanden sind (links).


Abb. 3 - 22

Transformation einiger Stickstoff-haltiger Gruppen. Man beachte, daß aus Isocyanaten nicht die entsprechenden Alkohole, sondern die korrespondierenden Amine entstehen.


Unverändert bleiben dagegen Ether, Thioether usw., höhere Amine, Phosphine usw.2 sowie Bindungen zwischen den Elementen der IV. Hauptgruppe (Silane, Stannane). Auch Heteroaromaten (Triazine beispielsweise), die durchaus hydrolytisch spaltbar sind, werden von diesen Hydrolysekriterium nicht verändert.

In ihrer Wirkung ähneln Hydrolyse-Transformationen den Substitutions-Transformationen. Während dort Substituenten durch Chloratome verallgemeinert werden, entstehen hier Sauerstoff-haltige Substituenten. Jedoch gibt es deutliche Unterschiede: Die Substitutions-Transformationen fragmentieren eine Verbindung immer an CX-Bindungen. Hydrolysen belassen dagegen eine Reihe solcher Bindungen (siehe oben). Auch die Behandlung von Fluor-Substituenten birgt einen Unterschied. Die Konsequenz daraus ist, daß die Hydrolysen ein wesentlich engeren Begriff von synthetisch nutzbarer Ähnlichkeit definieren als Substitutions-Transformationen. Die Zahl der notwendigen Umsetzungen von einem gefundenen Ausgangsmaterial zur gewählten Anfrageverbindung ist dadurch geringer.

Anwendungshinweise:

Ô

Ô Ô



1
Die Schalter werden in der Benutzerschnittstelle von WODCA mit no alphas" bzw. with alphas" bezeichnet.
2
Sekundäre Amine können beispielsweise nicht generell durch Hydrolyse wieder in primäre Amine gespalten werden.