3.3.6 Hydrolyse-Transformationen
Die Hydrolyse ist eine wichtige, sehr generelle Reaktion in der Chemie. Mit ihrer Hilfe lassen sich elementare Umfunktionalisierungen durchführen. Größere Verbindungen (z. B. Ester) zerfallen dabei oft in wesentlich kleinere, elementarere Komponenten. Es wird deshalb hier nochmals daran erinnert, daß am Ende alle Fragmente bis auf das größte verworfen werden.
Welche Bindungen hydrolysiert werden und welche (Transformations-)Produkte dabei entstehen, zeigen die folgenden Abbildungen. Die wesentlichen funktionellen Gruppen, die der Hydrolyse unterworfen werden sind
Wirkung der Hydrolysefunktion auf einige Carbonyl- und carbonylanaloge Verbindungen. Es wird immer die korrespondierende Carbonylstammverbindung (Aldehyd bzw. Keton) gebildet.
Wirkung der Hydrolysefunktion auf Epoxide, Episulfide etc. Andere Ether werden nicht verändert.
Hydrolyse von Halogensubstituenten und Aminen. Freie Aminogruppen werden immer hydrolysiert, sekundäre und höhere Amine dagegen nicht (rechts). Fluorsubstitutenten werden nur dann hydrolysiert, wenn andere hydrolysierbare Substituenten gleichzeitig vorhanden sind (links).
Transformation einiger Stickstoff-haltiger Gruppen. Man beachte, daß aus Isocyanaten nicht die entsprechenden Alkohole, sondern die korrespondierenden Amine entstehen.
Ester (sowohl Carbonsäure- als auch Ester von Schwefel-Sauerstoffsäuren oder Phosphor-Sauerstoffsäuren) und verwandte Verbindungen wie Amide, Säurehalogenide, Lactone und Lactame usw.,
o Acetale, Ketale, Aminale, Iminale und weitere Analoga,
o Enolether, Enamine und Analoga,
o Epoxide, Episulfide und Oxetane sowie deren höhere Analoga,
o carbonylanaloge Verbindungen wie Imine, Oxime, Hydrazone, Semicarbazone,
o freie Substituenten wie Halogene (jedoch nicht bei ausschließlich fluorierten Atomen) oder Aminogruppen,
o Nitrile, Isocyanate und Analoga,
o Nitrogruppen, Diazoverbindungen,
o Organo-Metallverbindungen wie Alkyl-Lithium-, Grignard-Verbindungen oder Borane.
In ihrer Wirkung ähneln Hydrolyse-Transformationen den Substitutions-Transformationen. Während dort Substituenten durch Chloratome verallgemeinert werden, entstehen hier Sauerstoff-haltige Substituenten. Jedoch gibt es deutliche Unterschiede: Die Substitutions-Transformationen fragmentieren eine Verbindung immer an CX-Bindungen. Hydrolysen belassen dagegen eine Reihe solcher Bindungen (siehe oben). Auch die Behandlung von Fluor-Substituenten birgt einen Unterschied. Die Konsequenz daraus ist, daß die Hydrolysen ein wesentlich engeren Begriff von synthetisch nutzbarer Ähnlichkeit definieren als Substitutions-Transformationen. Die Zahl der notwendigen Umsetzungen von einem gefundenen Ausgangsmaterial zur gewählten Anfrageverbindung ist dadurch geringer.
Hydrolyse-Transformationen gehören zu den Suchen, die einen sehr engen Ähnlichkeitsbegriff definieren. Sie sind daher dort am besten geeignet, wo andere, allgemeinere Transformationssuchen unakzeptabel große Trefferlisten erzielen.
Ô Wie bei den Transformationen basierend auf dem Substitutionsmuster (vgl. Abschnitt 3.3.4) können Substituenten am Aromatenkern von der Hydrolyse ausgenommen werden. Für den Begriff der Ähnlichkeit bedeutet das eine nähere Verwandtschaft. Synthetisch gesehen sind dann weniger Umsetzungen von einem gefundenem Ausgangsmaterial hin zur Anfrageverbindung zu erwarten.
Ô Besonders leistungsstark ist der Hydrolyse-Begriff als Ähnlichkeitskriterium in Kombination mit Redox-Operationen (siehe Abschnitt 3.3.10).