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7.1.7. Kombinatorische Chemie

In der kombinatorischen Chemie werden aus zwei oder mehr Sätzen von Verbindungen Reaktionen mit allen möglichen Substanzkombinationen durchgeführt, wobei je ein Molekül aus jeder Gruppe von Verbindungen verwendet wird. Beispiele für den Einsatz von EROS7 in der kombinatorischen Chemie befinden sich auch im Abschnitt 6.7.4.10, in dem kombinatorische Esterbildungen und die entsprechenden Einstellungen für EROS7 beschrieben sind. In den folgenden Abschnitten werden weitere Beispiele gezeigt.

7.1.7.1. 1,4-Benzodiazepine

1,4-Benzodiazepine zeigen in einem breiten Bereich biologische Aktivitäten und werden in vivo nicht so schnell abgebaut. Deshalb sind die verschiedenen 1,4-Benzodiazepine von breitem pharmazeutischen Interesse. Dargestellt werden sie aus einem substituierten 2-Aminobenzophenon, einer Aminosäure und einem Alkylierungsreagens. Zu ihrer Festphasensynthese wird zunächst das gebundene 2-Aminobenzophenon mit dem Aminosäurefluorid, deren Aminogruppe geschützt ist, umgesetzt. Es schließen sich die Abspaltung der Schutzgruppe, die Cyclisierung und die Alkylierung an (siehe Abbildung 182). [74]

Abbildung 182: Synthese von 1,4-Benzodiazepinen [74].

Für die Erzeugung der 1,4-Benzodiazepine mit EROS7 kann man die Reaktionen mit dem geschützten Säurefluorid generieren, wie sie tatsächlich durchgeführt werden. Es ist jedoch auch möglich mehrere Reaktionsschritte zusammenzufassen. So wurden der Schutz und die Aktivierung der Aminosäure, die Abspaltung der Schutzgruppe und die Cyclisierung vereinigt. EROS7 generiert also in einem Schritt aus der Aminosäure und dem 2-Aminobenzophenon direkt das 1,4-Benzodiazepingerüst, das im zweiten Schritt alkyliert wird. Die 2-Aminobenzophenone (siehe Abbildung 183), Aminosäuren (siehe Abbildung 184) und Alkylierungsmittel (siehe Abbildung 185) stehen gemeinsam in der Eingabedatei und werden während der Vorbehandlung der Ausgangsmaterialien den Phasen eins bis drei zugewiesen. Als Entscheidungskriterien, in welche Phase eine Verbindung kommt, wurden dabei die Existenz eines -Elektronensystems mit mindestens 15 Atomen und die Anwesenheit von Halogenatomen im Molekül verwendet.

Abbildung 183: 2-Aminobenzophenone.

Abbildung 184: Aminosäuren.

Abbildung 185: Alkylierungsreagenzien.

Ausgehend von den drei verschiedenen Gruppen von Ausgangsmaterialien in den Phasen eins bis drei werden die beiden Reaktionen von den Phasen zwei und vier erzeugt, wie es in Abbildung 186 gezeigt ist.

Abbildung 186: Phasenaufbau zur Erzeugung der 1,4-Benzodiazepine. Die Phasen 1, 3, und 5 sind inert und die Phasen 2 und 4 generieren Grenzflächenreaktionen und haben Kontakt zur Phase 1 bzw. zur Phase 3.

Nachdem das Proton und die Halogenidionen aus den Molekülen der Phase fünf entfernt wurden, erhält man die 1,4-Benzodiazepine, wie sie in Abbildung 187 gezeigt sind. Die Entfernung des Proton und des Halogenids, die durch die zugegebene Base gebunden werden, können auch während der Reaktion entfernt werden. In diesem Fall sind nur noch die 1,4-Benzodiazepine in der Phase fünf.

Abbildung 187: Gebildete 1,4-Benzodiazepine.

Berechnungszeit auf einer SparcStation 10/50 mit 32 MB in Min.:Sek.: 1:15 (C++)

7.1.7.2. Substituierte Pyrazole

Aus einer Hydrazinkomponente und einer 1,3-Dicarbonylverbindung können substituierte Pyrazole synthetisiert werden, wobei aus unsymmetrisch substituierten Verbindungen je zwei verschiedene Produkte entstehen [56]. Als Hydrazinkomponenten für die kombinatorische Synthese wurden die Verbindungen aus Abbildung 188 eingesetzt und mit den 1,3-Dicarbonylverbindungen aus Abbildung 189 zur Reaktion gebracht.

Abbildung 188: Hydrazine.

Abbildung 189: 1,3-Dicarbonylverbindungen.

EROS7 verwendete dazu einen Reaktor mit drei Phasen, wie sie in Abbildung 190 dargestellt sind.

Abbildung 190: Phasen für die Generierung der Pyrazole. Phase zwei erzeugt Grenzflächenreaktionen und hat Kontakt zur Phase eins, die wie Phase drei inert ist.

Der einzige Reaktionstyp der Bildung der Pyrazole (siehe Abbildung 191) teilt seine Produkte der Phase drei zu.

Abbildung 191: Bildung der Pyrazole.

Wird das bei der Reaktion gebildete Wasser entfernt, erhält man in der Phase drei ausschließlich die erzeugten Pyrazole, wie sie in Abbildung 192 gezeigt sind.

Abbildung 192: Erzeugte Pyrazole.

Berechnungszeit auf einer SparcStation 10/50 mit 32 MB in Min.:Sek.: 0:09 (C++)

7.1.7.3. Tripeptide aus drei möglichen Aminosäuren

Auch die Synthese aller möglichen Tripeptide aus drei Aminosäuren kann als kombinatorische Synthese aufgefaßt werden. Ein Satz von drei Aminosäuren reagiert mit einem zweiten Satz aus drei Aminosäurechloriden, wobei Dipeptide gebildet werden. Setzt man diese erneut mit einem dritten Satz von Aminosäurechloriden um, erhält man Tripeptide. Handelt es sich bei allen Sätzen um die gleichen drei Aminosäuren (Serin, Alanin und Phenylalanin), erhält man so den vollständigen Satz verschiedener Tripeptide aus drei Aminosäuren. Da die beiden Sätze an Aminosäurechloriden identisch sind, wurden sie zusammengefaßt und es ergibt sich ein Reaktions- und Phasenschema, wie es Abbildung 193 zeigt.

Abbildung 193: Erzeugung aller Tripeptide aus Serin, Alanin und Phenylalanin. Die Phasen 1 und 4 sind inert und die Phasen 2 und 3 haben einen Phasenkontakt zur Phase 1 und erzeugen Grenzflächenreaktionen. Die Produkte der Reaktionen, die die Phase 2 erzeugt (ein Edukt aus der Phase 2 und eines aus der Phase 1), kommen in die Phase 3 und die von Phase 3 in Phase 4.

Als Reaktionstyp wurde die selektive Amidbildung aus primären Aminen und Säurechloriden (siehe Abbildung 194) eingesetzt. Alle anderen mit Säurechloriden reagierenden Gruppen, wie Hydroxylgruppen gelten als geschützt. Es wird also so getan, als wären an ihnen Schutzgruppen, die direkt nach der Reaktion wieder entfernt werden.

Abbildung 194: Selektive Bildung der Peptidbindung aus einem primären Amin und einem Säurechlorid.

Mit den in Abbildung 193 gezeigten Aminosäuren/Aminosäurechloriden (Serin, Alanin und Phenylalanin bzw. deren Säurechloride) erhält man 27 verschiedene Tripeptide, die in Abbildung 195 dargestellt sind.

Abbildung 195: Tripeptide aus drei verschiedenen Aminosäuren (Serin, Alanin und Phenylalanin).

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