EROS
EROS (Elaboration of Reactions for Organic Synthesis) aus der Gruppe von J.
Gasteiger ist ein nicht-interaktives Programmsystem zur Reaktionsvorhersage,
das Reaktionen durch formale Konzepte beschreibt. Als wichtiger Vorgänger
zu EROS kann CICLOPS angesehen werden, das als Modell zur Beschreibung von Bindungen
und freien Elektronen einer chemischen Verbindung bzw. zur Beschreibung von
Reaktion Matrizen nach Ugi und Dugundji (BE-Matrizen bzw. R-Matritzen) verwendete.
Die Entwicklung von EROS verlief über eine Reihe verschiedener Versionen.
Während die frühen Versionen von EROS sowohl zur Reaktionsvorhersage
als auch zur Syntheseplanung (in retrosynthetischer Richtung) eingesetzt werden
konnten, wird das Programm seit Version 6.0 als reines Reaktionsvorhersagesystem
weiterentwickelt. Für EROS7 erfolgte eine Umstellung der Datenstruktur
von einer 'Valence Bond'-Darstellung chemischer Strukturen auf eine MO-basierte
Repräsentation. In den neueren Versionen erfolgte zudem eine klare Auftrennung
zwischen Programmsystem, welches die Manipulation von Strukturen durchführt,
und der extern gehaltenen Wissensbasis, die Reaktionen und deren Anwendungsbereiche
definiert.

Überblick über das EROS-System
Eine Reaktion bzw. ein Reaktionstyp wird in EROS innerhalb einer Reaktionsregel
definiert, die in der Wissensbasis abgelegt wird. Innerhalb einer Reaktionsregel
werden die Reaktionszentren (als Reaktionssubstrukturen) und alle Bindungsumordnungen,
die vom Programm für einen bestimmten Reaktionstyp auszuführen sind,
festgelegt. Zusätzlich kann ein Reaktivitätsmodell für einen
Reaktionstyp festgelegt werden, das entweder aus einem mathematischen Modell
oder einem trainierten neuronalen Netz bestehen kann. Ist ein solches Reaktivitätsmodell
für einen Reaktionstyp vorhanden, ist EROS in der Lage, Konzentrationsverläufe,
Geschwindigkeitskonstanten und Produktkonzentrationen vorherzusagen. Für
die Berechnung elektronischer und energetischer Effekte an Atomen, Bindungen
und Molekülen sowie innerhalb eines Reaktivitätsmodells stehen alle
physikochemischen Eigenschaften, die das Programmsystem PETRA (Parameter Estimation
for the Treatment of Reactivity Applications) bietet, zur Verfügung.
Das Konzept der externen Wissensbasis in EROS bedeutet hohe Flexibilität
im Bezug auf die Anpassung an neue oder spezielle Reaktionstypen bzw. Aufgabenstellungen.
In einer neueren Arbeit wurde EROS zur Modellierung von Abbauprodukten von s-Triazinen
in der Umwelt, d.h. im Boden, eingesetzt. Anhand der vorhergesagten Abbauprodukte
wurden Infrarotspektren simuliert. Der Vergleich mit den aus den Bodenproben
gemessenen Spektren erlaubt anschließend die Identifizierung der im Boden
vorhandenen Abbauprodukte.
Die hohe Flexibilität, die EROS dem Anwender bietet, zwingt ihn aber gleichzeitig,
zunächst eine entsprechende Reaktionsregel erstellen zu müssen, sofern
diese für das entsprechende Problem nicht vorhanden ist. Um dies zu tun,
ist immer ein entsprechender Experte notwendig.
© Prof. Dr. J. Gasteiger, Dr. Th. Engel, M. Sitzmann, CCC Univ. Erlangen, Thu Apr 22 13:31:25 2004 GMT
BMBF-Leitprojekt Vernetztes Studium - Chemie
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