Einleitung
Gut eineinhalb Jahrhunderte nachdem eine systematische Forschung auf dem Gebiet
der organischen Chemie einsetzte, ist es möglich, komplexeste Molekülstrukturen
gezielt zu synthetisieren. Dennoch gilt die Synthese organischer Verbindungen
als ein Feld, das weit davon entfernt ist, abgeschlossen zu sein. Einer der
wesentlichen Gründe dafür ist, daß eine praktisch unbegrenzte
Anzahl eigenständiger und stabiler organischer Strukturen vorstellbar ist.
Somit wird ein Chemiker durch die Identifizierung neuer Wirkstoffe in der Natur
oder in der pharmazeutischen Forschung immer wieder vor die Herausforderung
gestellt, eine geeignete Synthesestrategie für die gewünschte Zielverbindung
zu finden, diese im Detail auszuarbeiten und letztlich die Synthese durchzuführen.
Als erste Synthese einer organischen Verbindung aus anorganischen Vorstufen
(Ammoniumcyanat) gilt die Harnstoff-Synthese durch Wöhler, 1828. Einige
Jahre später, 1845, wurde von Kolbe die Synthese von Essigsäure durchgeführt.
In der dazugehörigen Publikation verwendete Kolbe zum ersten Mal den Begriff
"Synthese" im Zusammenhang mit der Herstellung einer chemischen Verbindung.
In dieser Anfangszeit der organischen Synthese war die Vorgehensweise durch
assoziatives Denken geprägt. Eine gängige Strategie war es dabei,
Ausgangsmaterialien zu wählen, die gewisse Ähnlichkeiten zu der Struktur
des gewünschten Syntheseprodukts hatten und daher über einfache bekannte
Reaktionen zu diesem umsetzbar waren.
In den meisten Fällen besaß das Molekül einer einzelnen Vorstufe
schon einen erheblichen Anteil des gewünschten Produkts und wurde so in
das Syntheseprodukt umgebaut.
In der Folgezeit, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, wurden die Techniken
und die Art und Weise, eine Synthese zu planen und durchzuführen, stetig
weiterentwickelt.
- Es gelang, die fundamentalen Mechanismen und elektronischen Verhältnisse
wichtiger chemischer Reaktionen zu verstehen und diese eindeutig zu formulieren.
- Dies wurde durch ein weitreichendes Verständnis stereochemischer Prinzipien
unterstützt.
- Gleichzeitig kam es zur Entwicklung chromatographischer und spektroskopischer
Methoden, die es sehr viel besser zuließen, die Produkte einer Reaktion
zu trennen und deren Strukturen zu bestimmen.
- Durch das Aufkommen und der Einsatz neuartiger, selektiv wirkender Reagenzien
in der organischen Synthese wurde die gezielte stereochemische Synthese eines
bestimmten Enantiomers durchführbar.
© Prof. Dr. J. Gasteiger, Dr. Th. Engel, M. Sitzmann, CCC Univ. Erlangen, Thu Apr 22 13:31:23 2004 GMT
BMBF-Leitprojekt Vernetztes Studium - Chemie
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